1973 NATUR PUR

das Naturwaldreservat im Beixenhart 

Als der seinerzeitige Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Dr. Hans Eisenmann im Jahre 1969 die zukunftsweisende forstpolitische Entscheidung trifft, in den Staatswaldungen möglichst aller Waldgebiete des Bayerischen Landes ein großzügig angelegtes Netz natürlicher und naturnaher Waldbestände einzurichten, um pfleglich zu bewahren, was an urtümlicher Waldnatur noch vorhanden ist, entscheiden die beiden damaligen Forstamtsleiter von Eichstätt, Herr Karl Weinhart und Herr Hubert Mayer, die naturnah bewaldeten Hangabstürze des Beixenhard zum Rieder Tal als Naturwaldreservat vorzuschlagen. Karl Kugler beschreibt 1868 diesen Naturraum mit folgenden Worten: "..Wir wandern hier durch den Wittmes, eine mehrere tausend Morgen enthaltende Waldstrecke. Er ist bekannt durch den Fall von Meteorsteinen, der in den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts stattfand. In vielen Naturalienkabineten findet man Stücke derselben. Kommen wir aus dem Gehölze hervor, so stehen uns die großartigen Bergwände des Dolnstein-Riederthales gegenüber. Je näher wir ihnen kommen, desto klarer enthüllet sich uns ihre Schönheit. Schroffe Felswände und Kuppen erheben sich in lange fortlaufender Linie. Die sonderbarsten Gestalten und Zacken ragen empor, unterbrochen von Klüften und Schründen und überall mit mächtigen Buchen und Gebüschen geschmückt. Die Abwechslung dieser malerischen Gebilde ist so groß, dass das Auge nicht müde wird, ihnen immer wieder auf´s Neue zu folgen, wiewohl sich das Schauspiel eine geographische Stunde weit fortsetzt. Wäre die östliche Seite des Thales mit gleichen Reizen geschmückt, so könnten sich wenige mit ihm an Schönheit messen. Der Wald, an dessen Bergrand sich diese grotesken Gebilde darstellen, heißt der Beichsenhart und breitet sich weit auf dem westlichen Plateau aus. Er ist uns höchst ehrwürdig als eine fast noch jungfräuliche Gegend, wo unsre Altvordern nach ihren Sitten und Einrichtungen in den ältesten Zeiten frei und ungehindert lebten...». 
Naturwaldreservate sind von jeglicher Nutzung freigestellt. Seit 20 Jahren ruht deshalb in den steilen Waldleiten des Beixenhart die 
Axt; zunächst zum Ärger der "Rieder", die sich traditionell aus den Waldhängen visavis das "Büichane" (= Buchen) Brennholz schlugen. Das Ökosystem Wald ist seiner natürlichen Entwicklung überlassen. Naturwaldreservate dienen der Erhaltung wertvoller Lebensräume und der Erforschung menschlich unbeeinflusster Naturabläufe, Erkenntnisse aus diesen Beobachtungen werden in einer naturnahen Forstwirtschaft genutzt und umgesetzt.

Durch die Steilabstürze der Groppenhofer- und der Riederleite - die beiden staatlichen Waldabteilungen mit zusammen 58,5 ha formen das Naturwaldreservatbaut in den 30-iger Jahren dieses Jahrhunderts der Alpenverein einen stillen Steig, das "Försterwegerl" oder der "Jägersteig" genannt. Dieser Steig erschließt eine heute eigenartig und einzigartige Jura- Urwaldlandschaft und ein besonderes Naturerlebnis: das Auge staunt über wuchtig himmelwärts wachsende Baumschäfte, über klobige Baumkronen, über pittoreske Baumverwindungen um Felsabstürze, über zerschmetterte Baumriesen, über vermodernde Baumleichen, über herausgerissene, skurril in die Luft greifende Wurzelstöcke, über huschende Lichter und Schatten; es wispert und wimmert, kracht und schlägt ans Ohr; es zieht modrig und würzig, frisch und dumpf durch dıe Nase; rauh und auch glatt, schleimig, feucht, trocken, samten, schmerzhaft, weich fühlt es sich mit den Händen und dem Körper: die Natur - pur. 

Und über dem Kronendach steht im Sommerhimmel der Wanderfalke, im Mulm toter Buchenleiber wächst der Hirschkäfer und leuchtet der Feuerschwamm, die Schlingnatter sonnt sich auf warmer Lichtung, in die hinein bunte Schmetterlinge gauckeln. 
 

Inhaltsverzeichnis

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GESCHICHTEN DES EICHSTÄTTER WALDES

1730 "DIE ANLAGEN" 
Vom offenen Barockgarten des 18. Jahrhunderts 
zum stillen Naturerlebnis der Jahrtausendwende 

DIE UNIVERSITÄTS UND SCHULSTADT Eichstätt 
1781 ehedem auch Sitz einer Forstschule

1785 EIN STERN FÄLLT VOM HIMMEL
oder der Meteorit von Wittmes

1817 - 1855 LETZTE GLANZLICHTER HÖFISCHER-JAGD 
der Sau- oder Schweinspark, der Hirschpark, 
die Fasanerie 

1910 DIE AFFENTALFICHTE
oder ein Christbaum so hoch wie der Domturm 

DIE ORKANE VIVIAN UND WIEBKE 
zertrümmern am 28. Februar/1. März 1990 
die Wälder und die Arbeit von Waldbesitzern 
und Forstleuten 

DIE FORSTVERWALTUNG IM EICHSTÄTTER LAND und DAS FORSTPERSONAL 

LITERATURVERZEICHNIS