1785 EIN STERN FÄLLT VOM HIMMEL

oder der Meteorit vom Wittmes

Dem Chronisten nach war es am 19. Februar 1785 fast windstill, nur ein schwacher Luftzug ging von Westen her, zerstreute Wolken zeigten sich in der Luft, als ein Stein = Meteorit beim Ziegelstadel im Wittmes-Wald vom Himmel stürzt.

In den Annalen der Berg- und Hüttenkunde Salzburg Bd. 3/1805 schildert I. Pickel unter der Überschrift "Authentische Nachricht von einem unweit Eichstätt vom Himmel gefalleren Meteorstein" däs außergewöhnliche Naturereignis u.a. folgendermaßen: "...In einer waldigen, etwa 1 1/2 Stunde von Eıchstätt westwärts entfernten Gegend, der Wittmeß genannt, steht eine Ziegelhütte, in welcher aber bei solcher Zeit weder Kalk noch Ziegelsteine gebrannt werden. Der Knecht des Zieglers schnitt nach 12 Ur Mittags oben in dem Stadel Stroh, als er einen Donner hörte, so als ob etwa drei- oder viermal hintereinander stark geschossen würde, samt einem besondern Getöse, das ihm anderst als bei sich sonst ereignenden Hochgewittern vorkam.

Er lief herab, und als er unten zur Thüre hinkam, sah er in einer Entfernung von 7 oder 8 Schuhen von der Ziegelhütte einen Stein in den Schnee über die unter diesem ligende zerstreute Ziegel eine Hand tief hinein fallen.

Der Stein war ser warm. Der Knecht konnte ihn nicht halten, one sich merklich zu brennen. Der Schnee zerschmolz durch die Hitze des Steins, und rauchte. Nach dem Nürnberger Gewichte wog er 5 Pfund 22 Loth. Er hatte keine scharfe, sondern abgerundete Eke, und war äusserlich mit einer schwarzen ganz dünnen Rinde überzogen. Innerhalb ist er aschgrau, zeigt dem freien, noch mer aber dem mit dem Vergrösserungs-Glase bewaffneten Auge vile, wie Nikel, gelblich glänzende Punkte, die stark vom Magnete gezogen werden, sich auch hämmern und breit schlagen lassen, Sie halten ausser Zweifel gedigenes Eisen. In sich ist der Stein ein zwar feiner Sandstein, der aber vile graue runde Körner enthält, wovon einige fast die Grösse eines kleinen Hanfkorns erreichen; zerschlagen zeigen sie auch innerlich eine graue, nicht glänzende unebene Fläche. One weitere Untersuchung hielt ich das Bindungsmittel für thonartig, obwohl es stark angehaucht keinen Thongeruch gab. 

Der Ziegler ın dem Wittmeß hat selbst den Stein an meinen nunmehr verewigten Bruder Joseph Pickel, zur selbigen Zeit Lehrer der Retoric, überbracht, mit der Versicherung, daß sein Knecht, der immer den Fall nicht für natürlich halte, die Sache mit einem Eidschwur zu bekräftigen bereit sey. Mein Bruder setzte alsbald merere Fragpunkte auf, und schikte 7 seiner Schüler an Ort und Stelle, die alles, sovil der tiefe Schnee zuließ, untersuchen, und den Knecht des Zieglers darüber befragen sollten. Zur völligen Befridigung seze ich hier das Protokoll bei. ..." 

Auf das vorstehende, naturgeschichtliche Protokoll wird das Forstamt Eichstätt um Martini 1980 von Herrn Ferdinand Hell aus der Ortschaft Breitenfurt, Keltenstraße 5, einem sehr sachkundigen und liebenswerten Bahnbeamten und Heimatforscher, der am 30.01.1989 im Alter von 60 Jahren verstirbt, aufmerksam gemacht.

Seine damaligen Recherchen ergeben, dass zwei Stücke des Meteors im Naturhistorischen Museum in Wien aufbewahrt werden, die 122 Gramm bzw. 6 Gramm wiegen. Die Universität Zürich hat ein Stück von 293 Gramm. Weitere Stücke befanden sich in München und Budapest; sie gingen verloren. Stücke mit wenigen Gramm gibt es in New York, Chicago und Berlin. 

Die Fundstelle beim Ziegelstadel im Wittmes ist ein abseitig gelegener, stiller Ort im Wittmeswald, der gesichert Mitte des 17. Jhd. bewohnt ist, und der auf einer farbigen Landkarte zu Beginn des 18. Jhd. als "Einsiedel" mit einer Kapelle und einem Gebäude bezeichnet ist. Zu dieser Einsiedelei i.d. Wittmes bricht in den ersten Jahren des 18. Jhd. Fürstbischof Johann Anton Knebel von Katzenellenbogen, der später die Marienkapelle auf dem Frauenberg baut, mit dem Pferd auf, um in der Waldeinsamkeit mit den dortigen Menschen den Rosenkranz zu beten. 

Die Männer, Frauen und Kinder, die sich in der abgeschiedenen Einöde beim Ziegelstadel im Wittmeswald ansiedeln, halten die unwirtliche Einsamkeit selten lange aus. So wiederholen sich im "Gnädigst privilegierten Eichstätter-Intelligenz-Blatt" die Anzeigen von der Versteigerung des Ziegelstadels auf dem Wittmeß, so zum Beispiel i.d. Jahren 1799, 1807, 1825, 1832, 1847. Im Jahre 1861 erwirbt der königl. bayer. Staatswald-Ärar den Ziegelstadel beim Wittmes von der letzten Besitzerin, Frau Anna-Maria Mödl. Die Gebäude sollen auf Abbruch versteigert und die Grundstücke wiederaufgeforstet werden. So geschieht es auch; zurück bleiben zwei Weiher und die Kapelle, die im lichten Waldesdunkel schließlich vergessen wird, und in späterer Zeit als Unterstandshütte und Werkzeughütte mißbraucht wird und etwas verkommt. 

In den Vorweihnachtstagen 1980 regen Ferdinand Hell, Heimatforscher in Breitenfurt und Pfarrer Ludwig Körner aus Dollnstein die Wiedereinsetzung der Kapelle im Wittmes an. Im Sommer 1981 wird die Wiederherstellung der Wittmeskapelle von der Oberforstdirektion in München genehmigt. Die Planung und Bauausführung wird 1982 in die Hände des zuständigen Revierleiters Josef Würzburger aus Breitenfurt gelegt, Seine Helfer sind: Haumeister Gegg, Forstwirt Ziller, Haumeister Spiegl, Forstwirt Kundinger und Forstwirt Herzner. 

Das Altarbild malt der 70-jährige Rektor i.R. Schneider aus Breitenfurt. Zwei 75 cm hohe aus Eichenholz gedrechselte Kerzenleuchter stiftet Oberförster Würzburger. Die Kapelle wird an Pfingsten 1983 von Pfarrer Georg Köbl aus Ochsenfeld geweiht unter Beteiligung aller Forstamtsangehörigen und der Ochsenfelder und Breitenfurter Bevölkerung. 

10 Jahre später am 29.05.1991 ziehen die Männer und Frauen des Forstamtes Eichstätt vom Sauparkhaus zur Kapelle im Wittmes. Gemeinsam mit Herrn Pfarrer Paul Schmid aus Dollnstein feiern sie eine Dankmesse dafür, daß sie während der 13 Monate dauernden Sturmwurfaufräumungsarbeiten nach dem Orkan Wiebke vor Krankheit, Unfall und Schlimmeren bewahrt blieben. 

Die Menschen haben zurückgefunden zum Schöpfer und zu seiner Schöpfung in die Stille und Einkehr bei der Kapelle im Wwittmeswald. 
 

1817 - 1855 LETZTE GLANZLICHTER HÖFISCHER JAGD

der Sau- oder Schweinspark, der Hirschpark, die Fasanerie 

Die Senioren unter den Eichstättern, die 50 bis 90-jährigen, erinnern sich gern und schnell der obigen Namen: des Schweinsparkhauses westlich von Wasserzell im Dunkel der Breitenfurter Wälder, zu denen hinauf und hınein eın Kastanien-Baum gesäumter Alleeweg führt; das Hirschparkhaus auf dem Frauenberg am Ende der Waschette vorm "Großen Wald”, das heute noch Statur zeigt, wenn auch von Wind und Wetter gebeutelt und angefressen; und die Fasanerie an der alten, Linden begleiteten Ortsverbindungsstraße von Pietenfeld/Weißenkirchen nach Moritzbrunn/Ochsenfeld, unweit der Waldhütte. - . 

Die Namen erinnern an die letzte Standesherrschaft im Eichstätter Land, dıe Herzöge von Leuchtenberg, für die König Max I. Josef von Bayern ım Jahre 1817 ein Fürstentum Eichstätt einrichtet. Erster Herzog von Leuchtenberg ist der Schwiegersohn König Max Josef“s, der Franzose Eugen Beauharnais, der 1806 die Prinzessin Auguste von Bayern, die Tochter des Königs, geheiratet hat. Eugen Beauharnais ist der Stiefsohn Napoleons. 

Unter den Leuchtenbergern ist der Jagdbetrieb ein gewichtiger Bestandteil der gesellschaftlichen Hofhaltung und er erblüht noch einmal in furstlichem Glanz: Auf dem Frauenberg wird ein Hirschpark mit einer Größe von 1692 Tagwerk und einem durchschnittlichen Wildstand von 25 Stück Edelwild und 80 Stück Damwild eingerichtet; im Breitenfurter Wald entsteht der Schweinspark mit 1400 Tagwerk Größe und einem durchschnittlichen Schwarzwildbestand von 190 Sauen; an der alten Ochsenfelder Straße beim Forsthof wird die Fasanerie mit einen Umgriff von 60 Tagwerk und einem Besatz von 500 Fasanen aufgebaut. Die Wildparks sıchert ein Palisadenzaun aus Eichenpfählen, dıe ca. alle 600 Fuß mit eıner Bruchsteinmauer = Pfeiler verstärkt werden. Sog. "Falter" = Falltor = Zauntor (über Fahrwege), das von selbst zufällt, und sog. Stiegel" (für die Fußgänger) waren die Ein- und Ausgänge der Wıldparks. 

Fur das Jagdpersonal werden um 1820/21 die sog. Parkdielhäuser (das äußere am Wittmes, das innere Parkhaus an der Wellheimer Figur) am Hırschpark und bei der Fasanerie gebaut. Der Teilname "diel" kann nach dem "Bayerischen Wörterbuch" von Andreas Schneller/1872 erklärt werden: "Das Tüll, Wand oder Zaun von Brettern um einen Hof, Garten, Jagdpark ..«” 

Mit dem Rückkauf des Fürstentums Leuchtenberg durch die Krone Bayerns wird der jagdliche Glanz matter. Die Fasanerie und der Saupark werden aufgelassen. Der 1760 ha große Hirschpark bleibt zunachst unangetastet. Und im Jahre 1861 beträgt lt. "Forstverwaltung Bayerns beschrieben nach ihrem dermaligen Stande" der Wıildstand auf je 1000 Tagwerk Fläche im Eichstätter Park 62 Stück Edelwild und 115 Stück Damwild; er wird im gleichen Atemzug mit dem Ebersberger Park, dem Forstenriederund Grünwalder Park und dem Spessarter Park genannt und er hat im Vergleich zu diesen Wildparks mit Abstand den höchsten Edel- und Damwildbestand. Schon 1867 wird aber dann wegen der unübersehbaren Waldschäden und der hohen Kosten mit dem Hirschpark kurzer Prozeß gemacht: er wird aufgelöst und das letzte Stuck Rot/Damwıld 1871 erlegt. 

Die ehemaligen furstlichen Parkdielhäuser Hirschparkhaus, Sauparkhaus und Fasanerie beherbergen noch knapp 100 Jahre Forstleute. Das Hirschparkhaus wird am 18.8.1970 an den letzten Amtsinhaber, Herrn Oberförster Ludwig Bauer, der es noch heute mit seiner Frau bewohnt, veräußert. Das Sauparkhaus wırd im Jahre 1965 auf Anordnung der Oberforstdirekt:on Ansbach bis auf ein Nebengebaude zum Abbruch freigegeben. Zuruck bleıbt eine lichte Waldwiese mit einem kleinen Nebengebäude, der ehemaligen Stall- und Futterkammer. Dieses Nebengebäude sichert 1978 in engagierter Kleinarbeit der zuständige Revierleiter, Oberförster Josef Würzburger, als letztes Geschichtszeugnis,. 

Der letzte Forstmann in der Fasanerie ist 1973 Oberförster Josef Rixner. Das ehedem herzogliche Anwesen wird am 4.6.1973 verkauft und abgebrochen. 

Die Forstfamilien ziehen in glanzlose, waldferne "Neubau-Siedlungs-Forstdienststellen-Häuschen" im Baustil der 1960-iger Jahre ein.

Übrig bleibt die Erinnerung der älteren Eichstätter Bürger an Waldwandertage in der Schulzeit, an Jugend, Ausgelassenheit, Heiterkeit, Tanz, Freude und Einkehr - im Wald beim Schweinsparkhaus, beim Hirschparkhaus und bei der Waldhütte unweit der Fasanerie. 

Inhaltsverzeichnis

Das Gesamtwerk als PDF-Datei zum Download

 

GESCHICHTEN DES EICHSTÄTTER WALDES

1730 "DIE ANLAGEN" 
Vom offenen Barockgarten des 18. Jahrhunderts 
zum stillen Naturerlebnis der Jahrtausendwende 

DIE UNIVERSITÄTS UND SCHULSTADT Eichstätt 
1781 ehedem auch Sitz einer Forstschule

1817 - 1855 LETZTE GLANZLICHTER HÖFISCHER-JAGD 
der Sau- oder Schweinspark, der Hirschpark, 
die Fasanerie 

1910 DIE AFFENTALFICHTE
oder ein Christbaum so hoch wie der Domturm 

1973 NATUR PUR
das Naturwaldreservat im Beixenhart 

DIE ORKANE VIVIAN UND WIEBKE 
zertrümmern am 28. Februar/1. März 1990 
die Wälder und die Arbeit von Waldbesitzern 
und Forstleuten 

DIE FORSTVERWALTUNG IM EICHSTÄTTER LAND und DAS FORSTPERSONAL 

LITERATURVERZEICHNIS