Über die Bevölkerung unseres Landstriches in den ältesten Zeiten, sowie über deren Tun und Treiben haben wir selbstverständlich nur geringe Anhaltspunkte. Dank den in jüngster Zeit allenthalben hervorgetretenen, höchst anerkennenswerten Bestrebungen der naturhistorischen Vereine beginnen sich allmählich auch unsere Kenntnisse über jene Urzeiten zu erweitern.
So können wir nunmehr mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen, daß die zahlreichen Hügelgräber, welche sich gerade in unserem Gebiete namentlich im Weißenburger, Raitenbucher, Altdorfer und Kindinger Walde besonders zahlreich vorfinden, auf Grund der in ihnen enthaltenen, im Gebiete der Töpferei geradezu von hohem Kunstsinne zeugenden Gegenständen aus der ersten Hälfte des Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung stammen.
Doch sind dies natürlich sehr oberflächliche Bestimmungen bei denen ein Irrtum um einige Jahrhunderte nicht ausgeschlossen ist.
Wer diese Bevölkerung war, und ob diese bereits dem germanischen Stamme angehörte ist noch unentschieden. Nach Ansicht der Historiker waren die ältesten Bewohner unseres Landes keltischer Herkunft.
Neben diesen oft in auffallender Weise vom Boden sich abhebenden Hügelgräbern finden sich auch in der Gegend von Solnhofen Reihengräber, welche nicht durch Erd- und Steinauflagerungen auf der Oberfläche kenntlich sind. Es sind dies sogenannte Flachgräber, welche in der Erde vertieft, in einer gewissen reihenweisen Ordnung nebeneinander liegen und durchweg zur Leichenbestattung ohne Verbrennung dienten. Man rechnet sie den ersten Jahrhunderten nach unserer Zeitrechnung und zwar dem allemanischen Volksstamme zu, welche also bereits die ursprüngliche keltische Bevölkerung bis zur Donau verdrängt oder doch sich mit derselben teilweise verschmolzen hatte. Noch ein Zeuge aus altgermanischen Zeiten ist zu finden in den ringförmigen Verschanzungen auf vorspringenden, die Gegend weithin beherrschenden Bergplateaus. So in der Abteilung Bäckertal, Forstamt Eichstätt-West, Försterbezirk Dollnstein.
Gegen Ende des ersten Jahrhunderts vor Christus sehen wir die Römer, welche die südlich der Donau wohnenden Kelten bereits unterjocht hatten, ihre Herrschaft über das ganze Land zwischen Oberrhein, Donau, Altmühl und Main mehrere Jahrhunderte lang festhalten. Die wiederholten Versuche der Deutschen sich des entrissenen Gebietes wieder zu bemächtigen, und um überhaupt an den Grenzen vor plötzlichen Einfällen derselben sicher zu sein, gaben Veranlassung zu Erbauung des quer von der Donau bei Kelheim durch das Eichstättische Gebiet gegen Weißenburg und Gunzenhausen sich hinziehenden römischen Walles (Limes Hadriani) welcher heutzutage im Volksmunde als Teufelsmauer bezeichnet, zum Teil sich noch ganz vorzüglich erhalten hat und in neuester Zeit Gegenstand wissenschaftlicher Forschungen ist. Diese lassen indes vermuten, daß der Wall nicht wohl ausschließlich der Verteidigung gegen die unruhigen deutschen Stämme gedient haben wird, sondern daß auch Handels- und Zollrücksichten mit im Spiele waren. Die cirka 2 m hohe und in ihrem Oberbau 1 m dicke Mauer, der an manchen Stellen auf angemessene Entfernung eine Holzpallisadierung vorgelegen war (daher der Name „Pfahl“ auch „Pfahldorf“ läßt auf das Vorhandensein der Pallisaden schließen.) konnte bloß hindern, daß urplötzlich eine Völkerwoge über das römische Grenzland hereinbrauste; zur eigentlichen Verteidigung war sie zu schwach.
Hierzu dienten die rückwärts derselben befindlichen Befestigungen, Kastelle und Schanzen, welche auf hervorragenden Punkten insbesondere an den Knotenpunkten der heute noch streckenweise gut erhaltenen und sogar noch in Benützung stehenden Straßen erbaut, und in welchen die zur Bewachung und Zollerhebung dienenden römischen Truppen garnisoniert waren. Spuren solcher Kastelle und befestigte Lager finden sich bei Böhming, Pfünz, im Altdorfer und Raitenbucher Walde und bei Weißenburg. Insbesondere scheint Pfünz (adpontes)ein stark befestigter Platz zur Sicherung des Altmühlüberganges gewesen zu sein. Auch die Ausgrabungen bei Weißenburg lassen auf eine bedeutende römische Ansiedlung schließen.
Was die Benützung des Bodens betrifft, so dürfte wohl, wie auch aus den Schilderungen der römischen Schriftsteller hervorgeht, unser Gebiet den vollständigen Charakter einer ausgeprägten Waldlandschaft an sich getragen haben. „Der Urwald, so schildern die römischen Geschichtsschreiber war undurchdringlich; großmächtige Bäume standen dicht nebeneinander, und lagen zum Teil dicht aufeinander. Wenn ihre Wurzeln tief in den Boden aufeinanderstießen, hoben sie das Erdreich zu Hügeln oder brachen heraus, bis an die Äste hoch gewölbt, daß Reiter unter ihren Bogen gingen.“
Der wenige, vom Walde freie Boden war wohl größtenteils noch unfruchtbar. Für den Anbau von Nutzpflanzen liegen auch nur wenige Anhaltspunkte und Andeutungen an jenen Stellen, wo jetzt Wald ist, vor, wobei es immerhin noch fraglich ist, ob diese wenigen Überreste sich mit jenen Zeiten in Beziehung bringen lassen, oder ob denn doch dieselben nicht jüngeren Ursprungs gehalten werden müssen.
Es konnte in der Regel nur etwas Haber und Gerste gebaut werden. Holzäpfel, Holzbirnen, Mispeln und Schleen waren die Baumfrüchte. Edles Obst konnte bei dem rauhen Waldklima nicht gedeihen, wie auch die Gaben des Herbstes und selbst der Name Herbst den Germanen ein unbekannter Begriff war.
Im frischen freien Walde war ihr liebster Aufenthalt. Derselbe war auch ihren Göttern geweiht und geheiligt. In diesem gab es wieder einzelne Bäume, als Wohnsitze der Götter, die besondere Verehrung genossen. So die Eiche, weil der Blitz in diesem Baume gern einschlägt, und der Donnergott „Thor“ zu den drei obersten Göttern (Wodan, Urheber des Lebens, Thor, der Gott des Donners und Tyr der Gott des Krieges) gehörte. Auch nicht ein Zweiglein wurde von einer Eiche abgebrochen, es sei denn, daß es zum gottesdienstlichen Gebrauche diente. Keine Axt rührte sich hier, nur überall ein heiliges Rauschen. Nach den Eichen standen in hohen Ansehen Linde, Esche, Erle, ferner Hollunder, Wacholder, Hasel, woraus die noch im Mittelalter eine so große Rolle spielende Wünschelrute gemacht wurde.
Aus allem diesem dürfen wir annehmen, daß unsere deutschen Urväter keine Waldverwüstung trieben, wenn sie auch stellenweise den Wald durchlichteten um abgesondert voneinander ihre Hütten zu bauen, die sie indes nur vorübergehend bewohnten, denn Jagd- und Weidegründe veranlaßten sie wohl öfters ihre Wohnsitze zu wechseln; diese Wohnsitzverlegungen waren denn auch allerdings Ursache zu Kampf und Streit mit den benachbarten Stämmen und den angrenzenden Römern.
Auch der Umstand, daß die Wälder längs des Limes den Charakter von Sicherheits- und Grenzwäldern hatten, läßt darauf schließen, daß dieselben möglichst dicht und geschlossen gehalten worden sind, wenn anders sie ihren Zweck als Versteck- und Schlupfwinkel erfüllen sollten.
Diesseits des Grenzwalles im südwestlichen Teile unseres Gebietes hatte sich der Hauptsache nach keltische - allemanische Bevölkerung unter dem Schutze des römischen Reiches bereits seßhaft gemacht. Auch über die Waldbehandlung diesseits des Limes fehlen uns jede sicheren Anhaltspunkte.
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß dort der Wald stärker ausgelichtet wurde, weil nicht nur Ackerbau und Viehzucht stellenweise blühte, sondern auch manche Gewerbe (so namentlich die Töpferei) wie aus den Gräberfunden hervorgeht, hoch entwickelt waren.
Auffallend erscheint daß die Römer bei ihrer vorgeschrittenen Kultur in ihren Gesetzesbüchern (Pandekten) keinerlei Vorschriften hatten, welche auf eine gesicherte und geordnete Waldwirtschaft schließen lassen. Staatswaldungen im heutigen Sinne des Wortes fehlten im Römerreiche, denn die Römer huldigten, wie die Griechen dem Grundsatze, daß der Staat mit Vorteil kein Gewerbe treiben kann.
Zumeist wurde das Staatsgut (ager publicus) für den Zehnten verpachtet. In den eroberten Ländern wurde das vom Sieger eingezogene Gut an Soldaten oder Colonisten verteilt.
Alle diese Verhältnisse geben der Vermutung Raum, daß - wie die Römer in ihrem engeren Heimatlande den Wald nicht hoch zu schätzen mußten, sie auch hier im sog. Dokumentenlande nicht besonders zart mit dem Waldbestand umgegangen sein werden.
Wohl schon früher, hauptsächlich aber im Laufe des 5. Jahrhunderts scheinen die Römer in ihren Donauprovinzen den Strömen und Flutungen der von Osten hereinbrechenden Völkerwanderungen vollständig erlegen zu sein. Höchst wahrscheinlich war es Attila „die Geisel Gottes“, auf seinem Rückzuge aus Gallien, nachdem er in der blutigen Schlacht bei Chalons sur Marne auf den Katalaunischen Gefilden 451 geschlagen war, vorbehalten, dieses römische Grenzland von Grund aus zu verwüsten. Spuren dieser allgemeinen Verwüstung haben sich, mit tausendjährigem Schutte bedeckt und unter der Erde begraben allenthalben noch erhalten.
An die Stelle der Römer traten von Osten her die markomanischen Bajuwaren, denen sich die slavischen Wenden angeschlossen hatten, und welche nun das Land in Besitz nahmen, seßhaft wurden, Wälder ausrodeten, die inzwischen auf den alten römischen Kulturstätten wiederentstanden waren, und Ackerbau- und Viehzucht trieben. Von diesen Waldrodungen im großen Stile geben die Namen vieler Ortschaften unseres Bezirkes die mit „hart, holz, buch, forst, loh und reuth xx.“ enden, ein untrügliches Zeugnis. Der Volkssage nach schreibt man den eingewanderten Slaven auch die Einführung des Berg- und Hüttenbetriebs zu, der Jahrhunderte lang im Altmühltale fortblühte, heute nur noch im ärarialischen Hüttenwerke Obereichstätt erhalten ist.
Von Westen drängte sich das bereits zum großen Ansehen und Macht gekommene Volk der Franken heran, während im Süden aus den beiden deutschen Stämmen der Sueven und Allemanen das Volk der Schwaben entstanden ist.
Ein junger unternehmender Krieger, der Frankenkönig Clodwig, begnügte sich nicht mit dem ehemaligen Königreiche in Gallien, sondern auch die deutschen Völkerschaften jenseits des Rheins mußten ihren Nacken seinen siegreichen Waffen beugen (496).
So sehen wir denn unser Gebiet mit Beginn des 6. Jahrhunderts als einen Teil des mächtigen Frankenreiches. Es konnte nunmehr teilnehmen an den Segnungen des immer mehr sich ausbreitenden Christentums.